Veranstaltungen im Jahr 2016

Ganz entspannt das Wochenende eingeläutet

"Gechillt ins Wochenende grooven" war das Motto der letzten Lesbar Veranstaltung 2016.

Der US Singer-/Songwriter Mark Milotich präsentierte erstmals seine Songs of love and mourning. "Lieder von Liebe, gefunden, verloren und wieder gefunden und von Trauer, erlebt und überwunden", wie US Singer-/Songwriter Mark Milotich das Programm anfangs treffend umriss.

Eingängige Melodien, intellligente Texte, mal ruhig mal rockig vorgetragen. Immer abwechslungsreich. Getragen durch Milotichs samtene Stimme und ergänzt durch Roland Bosch's facettenreiches Schlagzeugspiel entwickelte sich ein Sog, der das dicht gedrängte Publikum nicht mehr los ließ. Florian Appel sorgte mit seiner Melodica und als menschliches Didgeridoo für wohl dosierte, zusätzliche Akzente. Entsprechend ganzheitlich, gefühlvoll und harmonisch hörte sich das Zusammenspiel des Trios an. Im Wechsel mit den Liedern trug Appel kurze Texte von Sam Shepard und Raymond Carver vor. Texte über das Zusammen- und Auseinanderleben von Paaren. "Love and Mourning" also auch hier. Und am Schluss über das Lieblingswort Dostojewskis: "Plötzlich".

Ein wunderbar entspannter Abend, dank eines wunderbar entspannten Trios. Erst nach viel Applaus und zwei Zugaben fing das Wochenende wirklich an. Plötzlich, irgendwie.

 

Achtung: Kids on Stage - Bühne frei!

Am 18. November war der bundesweite Vorlesetag. Dem haben wir uns gerne mit einer Aktion speziell für Kinder angeschlossen: Sechs Schüler der Ammerschule lasen in unserer Kinderbuchabteilung aus ihren Lieblingsbüchern. Tolle Geschichten, klasse präsentiert. Nicht umsonst hatten die Sechs einen Vorlesewettbewerb der Weilheimer Grundschule gewonnen. "Trotz Lampenfieber und erschwerten Bedingungen durch Kirchglockenläuten und Telefonklingeln habt Ihr das alle prima gemacht", resümierte Frau Barnsteiner-Bosch. Es gab viel Applaus und obendrein als Belohnung ein Buchgeschenk. 

Nach einer kurzen Pause gab Frau Gunhild Eichelbauer von den Weilheimer "Leseratten" eine professionelle Zugabe: "Der Miesepups". Herrlich!

Erfahrungen mit dem Tod, die Mut machen

Ein Experiment sei dieser Vortragsabend in der Lesbar, die ja sonst für literarische Lesungen bekannt ist, wie Frau Barnsteiner-Bosch in ihrer Einführung betonte. Aber ein Experiment, das sie gerne eingehe.

Marion Ködel widmete sich in ihrem Vortrag einem vermeintlich schweren Themenbereich. Dem Tod, der obwohl er allgegenwärtiger Bestandteil des Lebens ist, zunehmend verdrängt wird und weitgehend anonym durch Full-Service-Unternehmen abgewickelt wird. Trauerbewältigung und Abschiednehmen wird so von uns Menschen immer mehr verlernt. Dass das auch anders geht, zeigte Marion Ködel anhand von persönlich Erlebtem und einfühlsamen Beispielen, etwa von Ritualen, die einem auch das Begehen von Jahrestagen erleichtern. Bei aller Trauer um einen Verstorbenen geht es letzten Endes um die Hinterbliebenen. Es geht darum, Barrieren zu ihnen abzubauen, auf sie zu zugehen, da zu sein. Manchmal stärkt schon ein kurzes Gespräch, eine Anekdote, ein Foto. Kleine Hilfestellungen nähren, geben Kraft und ermöglichen Trauernden eine gutes Weiterleben ohne die physische Präsenz des Verstorbenen.

Ein gelungenes Experiment. Ein Abend, der Mut machte, ein Abend mit sehr viel positiver Resonanz von Seiten des Publikums.

 

"Das letzte Rennen" mit Marjana Gaponenko

Wien und Pferde - zwei Leidenschaften der Autorin und Leitthemen ihres neuesten Romans

 

"Das letzte Rennen" ist der Titel des Buches, aus dem die junge, gebürtige Ukrainerin am 15. April in der Lesbar einzelne kurze Kapitel las. Ein Roman über eine schwierige Vater-Sohn-Beziehung, über Behinderung und Demenz, launig und mit viel Wortwitz erzählt, und doch sensibel und mit großer Tiefe.

Dass es sich dabei um ein Pferderennen handelt, war dem Publikum schnell klar. Und dass dieses Rennen in Wien stattfindet, ist nur folgerichtig. Marjana Gaponenko liebt Pferde und hält selbst einige Ponys in der Österreichischen Hauptstadt, in der sie seit einigen Jahren lebt.

Zu Wien verbindet sie eine Liebe zu dem Vergänglichen, eine Art Reminiszenz an ihre Ukrainische Heimat, auch wenn sie in dem im 21. Jahrhundert immer noch existenten, distanzierten Wiener Umgangston, dem "Küss' die Hand!"-Schmäh, ehrliche Tiefe vermisst. Marjana Gaponenko ist sich sicher, dass sich das ändern wird. Genauso wie die Fiaker-Traition, die sie für nicht mehr zeitgemäß hält. "Irgendwie geht alles unter, worüber ich schreibe. Das Hotel 'Imperial', in dem mein letzter Roman, 'Wer ist Martha?' spielt, wurde unlängst an einen arabischen Investor verkauft..."

Da bleibt uns nur zu hoffen, dass die sympathische und redegewandte Autorin keinen Roman über die Buchhandlung Lesbar schreiben wird.

 

Nino Haratischwili sorgt am 11. März für ein ausverkauftes Haus

Eine außergewöhnliche Frau liest aus einem außergewöhnlichen Buch

 

Alle Plätze waren besetzt und trotzdem war es mucksmäuschenstill in der brechend vollen Lesbar, als die junge Autorin ihr 1.300 Seiten starkes Buch zur Hand nahm. Nino Haratischwili begann ihre Lesung mit dem Prolog, um dem Publikum einen leichteren Einstieg in "Das achte Leben - für Brilka" zu ermöglichen. Dann erweckte sie einige der Protagonisten des preisgekrönten Familienepos zum Leben: Stasia, Christine, Ramos und nicht zuletzt die sensationelle schwarze Schokolade, eine Geheimrezeptur des Ururgrußvaters der fiktiven Erzählerin ("nein, die Geschichte ist nicht auto-biographisch"), eines georgischen Schokoladenfabrikanten zu Beginn es 20. Jahrhunderts. Zu gern hätte man diese so unwiderstehlich köstliche und gleichzeitig so gefährliche Schokolade selbst gekostet, aber so weit kam es dann doch nicht.

Es war eine fulminante und wortreiche Reise durch ein ganzes Jahrhundert georgischer Geschichte. Zwischen den gelesenen Kapiteln erfuhren die Zuhörer Hintergründliches über das Buch, die handelnden Personen, über wichtige politische Zusammenhänge aus Georgischer Sicht und nicht zuletzt über Georgien selbst. Und wieder bekam man Lust, diesmal auf dieses wunderschöne kleine Land südlich des Kaukasus mit dem offenbar weltweit besten Wein und dem an Süditalien erinnernden milden Klima. "Nur dass Georgien halt am Schwarzen Meer liegt." Trotz ihrer offensichtlichen Liebe zu ihrem Geburtsland hat sich Nino Haratischwili vor Jahren schon entschieden, in Deutscher Sprache zu schreiben, ein für sie elementares Bekenntnis zu dem von ihr gewählten Lebensraum.

Der Erfolg ihres preisgekrönten Romans führt sie seit seinem Erscheinen vor rund eineinhalb Jahren kreuz und quer durch das Deutschsprachige Europa. "Das ist natürlich sehr schön, aber auch zunehmend strapaziös und irgendwie hinderlich für's Schreiben". Ende März wird sie das umfangreiche Leseprogramm beenden und sich wieder dem Schreiben zuwenden.

Ein Glück, dass wir Nino Haratischwili noch kurz vor Ende ihrer Tournee nach Weilheim holen konnten.